Dienstag, 22. November 2011

Rien ne va plus ... gar nicht gut

links: bei 36 Grad in Santa Cruz hat Marius Durst
oben rechts: durch Regenwolken in den tropischen Anden
alles andere: in Oruro...











Hallo aus Oruro in Bolivien, eine Stadt mit etwa 200Tausend Einwohnern auf 3.700 Metern Hoehe.

Der einzige Grund, warum ich hier her kam, war, dass ich heute um 15Uhr30 den Zug nach Uyuni nehmen wollte. Und nun haben wir den Salat. Gestern Nachmittag ging ich zum Bahnhof, und der Mann am Ticketschalter hatte Muehe, mir zu erklaeren was vor sich geht. "Todo blockado, esta informaciones a la manana..." Aber es waren noch ein paar Backpacker da, und die konnten mich genau aufklaeren. Indigene Gruppen haben die Zugstrecke besetzt, sie streiken. Was genau sie fordern, wissen wir nicht, aber nun blockieren sie den Verkehrsweg nach Uyuni. Das Problem ist aber deswegen gross, weil ich heute Morgen um 8 Uhr am Bahnhof (als alle wiederkommen sollten, um zu erfahren ob die Blockade vielleicht vorbei sei) folgendes erfuhr: auch die Busse kommen nicht nach Uyuni durch, jedenfalls nicht im Moment. Auch die Strasse ist blockiert.

Nun waere das in Europa oder so kein Problem, nimmt man halt eine andere Strasse. Das hier ist aber Bolivien. Es gibt nur eine Zugstrecke, also genau ein Gleis, und eine Strasse nach Uyuni. Hat damit zu tun, dass Bolvien das hoechste Land der suedlichen Hemisphaere ist und Strassenbau noch nicht auf der absoluten Prioritaeten-Liste der Bevoelkerung steht. Sie haben mehr damit zu tun, etwas zu Essen zu finden und den Winter in diesen Hoehen zu ueberstehen. Laut einer Informationsseite im Netz ist das Problem noch groesser, als ich erst dachte, seht selbst:

"
  • An ongoing blockade by drivers of Heavy Goods Vehicles has led to the closure of border crossings at Desaguadero (the border with Peru) and Yacuiba (the border with Argentina). Other border crossings may be affected in the coming days and you are advised to check local advice before travelling.

  • Roads from Oruro to La Paz, Cochabamba and Potosi are currently affected by a strike and road blockades. All travel to and from Oruro is disrupted, and bus services have ceased. You should check local advice before travelling to or via Oruro."
Heisst also, dass ich im Moment in Oruro festsitze. Es gibt hier nicht viel zu sehen, aber wenigstens haenge ich nicht alleine rum, Shlemil (der heisst echt so ;-) ) aus Israel will auch Richtung Uyuni. Wir wollen nun erstmal abwarten, vielleicht ist ja morgen schon zumindest die Strasse nach Sueden wieder frei.

Ich aerger mich schon ziemlich darueber, aber was soll man machen? Das ist nun mal Bolivien. Und die Regierung hoert die Aermsten nur, wenn das Land still steht. Wenn die Zufahrten zu den Grenzen und Touristenzentren zu sind, und momentan sind sie das, man kommt ja nicht einmal nach Argentinien, wie es aussieht, muss die Regierung irgendwann zuhoeren. Hoffe ich.

Auch ausserhalb des Chaos mit den Streiks ist Bolivien sehr extrem, in allen Belangen. Es ist das Land auf dem Kontinent mit der hoechsten Anzahl an indigenen Menschen, und auf den Strassen merkt man dies schnell. Einige der Traditionen sind da auch mal ein wenig gewoehnungsbeduerftig. Gestern ging ich auf den hiesigen Markt, da ich eine Muetze gegen die Hoehensonne und die Kaelte am Abend kaufen wollte. Ich fand leider keine, die mir gefiel. Was ich dafuer fand, waren Embryos und Foeten von Lamas, bzw Lama-Skelette, die in Massen herumhaengen und verkauft werden. Ob sie einen religioesen oder rein kulturellen Wert haben, weiss ich nicht. Aber bei dem Anblick und Geruch, ich meine da haengen Foeten von Lamas auf dem Markt herum, wurde es mir schon ein wenig anders. Die Frauen tragen zu einem Grossteil die traditionelle Kleidung aus einem bunten Rock, einer Art Kittelschuerze und einem breiten Sonnenhut. Junge Frauen tragen weiss, aeltere schwarz. Komisch daran ist, dass auf die Art alle Frauen alt wirken, selbst wenn sie jung sind.

Die Auto - und Busfahrer haben hier wieder lateinamerikanischen Standard erreicht, niemand bremst fuer niemanden und gehupt wird um zu zeigen, dass man kommt. Aber dafuer habe ich auch etwas Gutes zu berichten. Auf der 4stuendigen Busfahrt gestern, von Cochabamba hier her, sah ich in den Bergen Alpacas und Lamas. Zusammen mit den Schafen grasten sie die Berghaenge ab.

Heute ist in der Stadt irgendein traditionelles Fest, Gruppen in Trachten laufen herum und bewerfen sich mit Konfetti, bespritzen sich mit einer gelblichen Fluessigkeit (ich moechte gar nicht fragen, was das ist) und es gibt einen Spielmannszug. Aber allzu lange moechte ich hier nicht mehr ausharren. Nur es laesst sich kaum was aendern, alle Travelagenturen empfehlen einem, bloss keinen Bus zu riskieren, der in Gebiete faehrt, die blockiert sind. Die Polizei setzt hauefig Traenengas ein, um die Menge zu zerstreuen und es wird wohl auch Gewalt eingesetzt. Darauf verzichte ich. Nur ich bin so ungeduldig, es hat mich zwei Busfahrten gekostet, um hier her zu kommen. Nur weil ich den Zug nehmen wollte. Der einzige Grund, um in diesen schwer zugaenglichen Winkel des Landes zu reisen, war und ist die Salzwueste von Uyuni. Und nun faehrt nichts, nicht mal Autos kommen durch. Und ich habe noch sooo viel zu sehen, und wenn es nun gar nicht anders geht muss ich den Salar de Uyuni erstmal sausen lassen und nach La Paz kommen. Dann muesste ich im Januar oder Februar von Chile nach Bolivien rein, um den Salzsee zu sehen. Aber das waere alles sehr umstaendlich, und nun bin ich ja auch schon so nah dran. Und trotzdem gibt es kein Hinkommen.

Ihr seht, momentan bin ich ziemlich frustriert. Aber vielleicht geht es ja auch bald schon weiter...


Link dazu, was da so in etwa vor sich geht: http://www.boliviaweekly.com/strike-and-blockades-in-oruro-to-pressure-gov-in-land-dispute/2531/

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen