Montag, 26. Dezember 2011

Colca-Canyon und FELIZ NAVIDAD in Arequipa
























































































Hola amigos y amigas,



was ist die letzte Woche alles passiert?




Am letzten Dienstag ging es fuer zwei Tage morgens frueh um Vier mit einem kleinen Bus und einer Tourgruppe in Richtung Canon de Colca. Es ist der zweittiefste Canyon der Welt, und mit 4.160 m fast doppelt so tief wie der Grand Canyon in den USA.



Zu meiner Gruppe gehoerten Ryan aus North Carolina und vier Brasilianer, die zusammen durch Peru reisen. Um acht Uhr morgens kamen wir am ersten Aussichtspunkt an, um einen Blick auf den Canyon zu werfen. Leider sahen wir keine der hier lebenden Condore. Der Condor ernaehrt sich wie der Geier nur von Aas und fliegt bis zu 7000 Meter hoch. Dafuer bekamen wir schon hier Respekt vor der Tiefe im Canyon. DORT sollten wir also hinunter, vor allem aber auch wieder hinauf wandern?? Oha...



Abgeholt wurden wir dann von unserem Fuehrer, Viktor. Mit ihm gingen vier dann vier Stunden lang bis an den Rio Colca, der dem Canyonen seinen Namen gibt. Es war atemberauend, immer tiefer in die Schlucht zu steigen. Aber auch sehr anstrengend, sehr heiss. Zum Glueck fuehlte ich mich trotz noch nicht voll auskurierter Malaria relativ fit. Unten angekommen gab es dann zur Staerkung Alpaca-Fleisch. Ich hatte es schon an meinem Geburtstag probiert, es schmeckt sehr nach Rind, aber ist weniger fetthaltig. Bisher das beste "aussergewoehnliche" Gericht, das ich bislang auf der Reise probiert habe. Nach einer Verschnaufpause ging es dann nochmals drei Stunden durch die halbe Laenge des Canyons. Auf dem Weg sahen wir Esel und Maultiere. Maultiere kosten dreimal soviel wie ein Esel und das Doppelte eines Pferdes, sie sind das einzige Transportmittel fuer die Bewohner der drei Doerfer, die unten am Fluss im Canyon liegen. Abends gegen sieben Uhr kamen wir dann in unserem Camp an. Wir schliefen in tropisch angehauchten Huetten, in der Naehe gab es einen Wasserfall. Der Name des Camps, Oase, wurde dem Ort durchaus gerecht.



Am naechsten Tag luemmelte ich vormittags am Wasserfall und in den Haengematten zwischen Palmen herum. Ausserdem freundete ich mich mit einem weissen Hund an, den ich wegen seiner altertuemlichen Gesichtsform Yoda taufte. Nachmittags wanderten wir weiter der Laenge nach im Canyon herum.



Abends bekochte uns Viktor dann mit Spaghetti. Kraftfutter war auch noetig, denn am naechsten Morgen um 5 Uhr sollten wir unseren Aufstieg zurueck aus dem Canyon beginnen. Dabei wuerden wir 1200 Meter ueberwinden, auf steilsten Serpentinen und schmalen Wanderwegen. Alpen-Gefuehle, nur dass die Luft hier auf 3000 Metern Hoehe sehr duenn ist und das Atmen erschweren wuerde. Mit einem mulmigen Gefuehl und viel Respekt schliefen wir sehr frueh ein. Dabei sahen wir durch die Tuerritze in unserer Huette die hunderten von Gluehwuermchen, die nachts den Canyon durchstreifen.

Der Wecker klingelte dann um halb fuenf, und um fuenf Uhr begannen wir den Aufstieg. Ohne auszuschweifen: seit meinem Melonen-Ernten in West-Australien habe ich nichts mehr erlebt, das koerperlich so anstrengend gewesen waere. Der Rekord des Aufistegs eines Backpackers liegt laut Viktor bei einer Stunde und dreizehn Minuten, das ist unglaublich. Er veranschlagte drei Stunden fuer uns. Um sieben Uhr und ein paar Minuten war ich oben, hatte zwei Stunden und acht Minuten gebraucht. Und war dabei unfassbar ins Schwitzen gekommen. Aber der Ausblick oben und das Gefuehl, den Berg "bezwungen" zu haben entschaedigte fuer fast alles. Nur Ryan mit seinen jungen 22 Jahren war schneller gewesen, er hatte nur 1h45Min gebraucht.



Aber im Gegensatz zu ihm bekam ich auf dem Weg auch was zu sehen, einen Condor, der ganz in meiner Naehe auf einem Felsvorsprung landete und Rast machte (seht das Foto..). Oben warteten wir nun ueber anderthalb Stunden, bis die letzte Brasilianerin aus unserer Gruppe oben angekommen war. Nach einem gemeinsamen Fruehstueck fuhren wir ueber einen 4.900 Meter (!) hohen Pass zurueck nach Arequipa. In dieser Hoehe fiel ploetzlich Schnee, was mir Weihnachtsgefuehle bescherte. Die Brasilianer hingegen waren vollkommen aus dem Haeuschen und stiegen aus, um Fotos zu machen. Sie hatten in ihrem Leben erst einmal Schnee mit eigenen Augen gesehen. Unglaublicher Kontinent, aber ist halt in den Tropen so...



Am Donnerstag zog ich dann in das irisch angehauchte Hostel "Wild Rovers". Hier gibt es unendlich viele Australier und Hollaender. Das Hostel ist nicht gerade zu Erholungszwecken errichtet worden, jeden Abend donnert die Hostel-Bar laute Musik in die Nacht. Aber es ist momentan ganz gut, neue Leute zu treffen. Mit Mike aus Vancouver und Daniel aus Sydney verstehe ich mich hervorragend.



Am Heiligabend fand im Hostel ein Contest zur Wahl des "Hot Santa" statt, und trotz meiner abgeschwaechten Topform gewann ich diesen vor zwei Australiern. Danke an die Maedels aus Irland und Australien, die mir ihre Stimme gaben. Beim Pool-Billiard Spielen kamen dann spaeter keine Weihnachtsgefuehle auf, aber es war okay.

Was merkwuerdig ist: fuer die Einheimischen ist Heilig Abend in etwa so wie fuer uns Silvester. Um Mitternacht gehen alle nach draussen und machen ihr eigenes Feuerwerk, genauso wie bei uns am 31. Dezember. Damit feiern die Peruaner die Geburt von Jesus und machen eine Menge Krach.

Richtige Weihnachtsgefuehle waren also fuer mich eher nicht angesagt. Dafuer gab es dann gestern schon um 17 Uhr das grosse Christmas-Dinner. Mit irischem Turkey inklusive Fuellung und zum Nachtisch warmem Apfelkuchen und zwei Sorten Eis. Es war extrem gut und wir zeigten uns alle ueberrascht, was dem peruanischen Koch in Sachen irischem Kochen gelungen war.

Der Rest des Abends war dann eine ausgelassene Party mit Musik und (leider) etwas zu viel Alkohol. Aber alles in allem war es eine gute Entscheidung, Weihnachten mit vielen Leuten aus aller Welt zu verbringen.




Nun werde ich bis Freitag in Arequipa bleiben und ab morgen Frueh drei Tage lang einen Spanisch-Kurs fuer leicht Fortgeschrittene besuchen, um die Zeit mal sinnvoller zu nutzen, als nur am Pool zu liegen. Heute hat es fast 30 Grad, Weihnachten ist nun schon offiziell vorbei. Am Freitag fahre ich dann per Bus weiter nach Norden, in die Inka-Stadt Cusco. Dort moechte ich ins neue Jahr rutschen und danach geht es zum naechsten grossen Highlit: der weltberuehmten Inka-Festung von Machu Picchu...



Euch allen schon jetzt einmal einen guten Rutsch in 2012. Melde mich mit hoffentlich noch besserem Spanisch im neuen Jahr aus Cusco zurueck...

Hasta el proximo ano

Sonntag, 18. Dezember 2011

Von der Malaria zum Titicaca-See und dann nach Arequipa (Bolivien und Peru)























































































Hola miteinander,

endlich, endlich komme ich wieder dazu hier zu berichten was es Neues gibt.



Nach meinem Dschungel-Aufenthalt ging es mir in La Paz recht bald recht beschissen. Ich hatte an zwei Tagen sogar knapp ueber 40 Grad Fieber und machte mir grosse Sorgen, da mein Bauch rebellierte und ich mich auch sonst sehr komisch fuehlte. (Mama, entschuldige dass du das erst jetzt hier erfaehrst, aber ich dachte mir ich beunruhige euch nicht mehr als noetig... sorry)




Die Aerzte untersuchten mein Blut und sagten, hm komisch, nichts zu finden. Also dachten sie es waeren Parasiten ueber Obst oder Trinkswasser in meinen Koerper gekommen und gaben mir Antibiotika. Die naechsten fuenf Tage wartete ich erfolglos, dass es besser wird. Fehlanzeige, einzig und allein das Fieber ging runter. Um am vierten Tag noch einmal nach oben zu schiessen. Dann wurde mein Stuhl untersucht, yummie. Nichts zu finden, mit anderen Worten behandelte mich der Arzt fuenf Tage lang gegen etwas, das ich gar nicht hatte. Erst eine weitere Blutuntersuchung brachte nach weiteren drei Tagen Gewissheit: Malaria quartana. Sagen die Aerzte jedenfalls. Und ich wunderte mich anderthalb Wochen, warum es mir sooo schlecht ging. Komisch ist, dass ich selbst recherchiert habe und diese "harmloseste" Malaria-Form eigentlich eine laengere Inkubationszeit hat. Aber hey, da es mir seit Freitag deutlich besser geht scheinen die Aerzte wohl recht zu behalten. Nun soll ich hier in Arequipa einmal in dieser Woche einen Arzt aufsuchen, damit er guckt, ob die Krankheit wirklich zurueck geht. Aber kein Fieber mehr und auch meinem Bauch geht es jeden Tag besser, habe heute endlich wieder n Kaffee getrunken und n Stueck Schokotorte gegessen. Es wird also wirklich endlich wieder gut, wie es aussieht...



Am Wochenende erkundete ich sehr schwach, aber motiviert, da ich ja anderthalb Wochen in La Paz ausser meinem Hostelzimmer und dem dortigen Krankenhaus (zur Untersuchung) kaum etwas gesehen hatte, den TITICACA-SEE. Es ist der hoechste See in dieser Groessenordnung, den unser Planet zu bieten hat. Teilweise stand ich auf ueber 4100 Metern Hoehe. Erst fuhr ich mit einer Faehre vom Ort Copacabana auf die Isla del Sol. Auf dieser Insel soll der INKA-Stamm seinen Anfang genommen haben, der Name kommt daher, dass dort die Sonne erschaffen worden sein soll. Die Insel selbst erinnert an das Auenland in Herr der Ringe: gruene Weiden, viele Feldterrassen wegen der Hoehen, viele freie Esel, Schafe, Alpakas und Schweine. Da ich schwaecher bin als ich gerne zugeben wuerde, war das Herumwandern zwar anstrengend, aber auch wunderbar. Ich hatte den Suedteil der Insel den ganzen Nachmittag fuer mich, sah nur Kuehe und Esel. Die Fotos sprechen wieder einmal mehr fuer das Erlebte als mein Geplapper.




Danach ging es mit dem Bus ueber die Grenze nach Peru. Peru liegt ganze sechs Stunden hinter der deutschen Winterzeit und ist das westlichste Land Suedamerikas. Auf dem Touristen-Schein, den jeder Auslaender an der Grenze bekommt und der einen dreimonatigen Aufenhalt im Land erlaubt, steht hinten drauf gedruckt: "jeder sexuelle Kontakt zu Kindern oder Teenagern in Peru fuehrt zu Gefaengnisstrafen". Andere Laender, andere Sitten. In den USA wird man befragt, ob man Anschlaege plane, hier wird man auf so etwas ausdruecklich hingewiesen. Es bleibt ein irrer Kontinent.




Irre waren dann auch die "Islas Flotantes", die schwimmenden Inseln vor der Kuestenstadt Puno. Mit dem Boot ging es hinaus auf Inseln, die von ihren Bewohnern immer wieder nur durch Schilf aufgebaut, bzw zusammengebunden werden. Das ist in der Tat alles, woraus die Inseln bestehen. Beim Gehen sackt man immer leicht ein, es fuehlt sich an wie eine Mondlandschaft. Verrueckt, gibt es nur auf dem Titicaca-See. Sonst nirgends auf der Welt. Erkundet habe ich die Inseln mit ein paar Franzosen und Martin aus Berlin.




Martin aus Berlin ist ne Story fuer sich, bzw er war es. Mit seinen vierzig Jahren und seinem Aussehen war er mir von Anfang an unsympathisch, und im Laufe der anderthalb Tage, die wir in Gesellschaft verbrachten bestaetigte sich mein Gefuehl. So kam es vor, dass er zu Leuten auf dem Buergersteig in Puno sagte "Na ihr Ratten, keine Arbeit?" Oder auch einmal den Kellner nach einer Minute Wartezeit anmachte mit "and la cerveza, grande, grande, ich warte cinquo minutos, nun bestehe ich drauf!" Gestern Abend waren wir in einer Bar und eine peruanische Studentin kommt zu uns an den Tisch, sieht mich an und fragt woher wir kaemen und ob wir tanzen wollten. Sie sieht MICH an, spaeter am Abend hoere ich von Martin "ey, das finde ich echt nicht in Ordnung, ich stelle da den Kontakt her und dann sitzt ihr da den ganzen Abend zu zweit herum..." Ja, verdammt. Sowas aber auch. Aber meine Rache kam, er merkte dass ich krank war/bin, und auf seine Fragen sagte ich nicht, dass es Malaria sei, sondern ein Virus und durchaus hochansteckend, und dass er leider darauf achten muesse, ob er sich in den naechsten Tagen schlecht fuehle, da er dann wohl leider den gleichen Virus habe und mit 40 Grad Fieber sowie schwerem Durchfall rechnen muesse. Trotz vierzig Jahren Erfahrung schluckte er das alles und war dann nur noch saurer, auf mich, was mir durchaus entgegen kam. Den Bus nach Arequipa nahm ich heute dann alleine.



Arequipa ist mit 900Tausend Einwohnern die zweitgroesste Stadt in Peru und ueberrascht mich auesserst positiv. Die Innenstadt besteht aus weissen, kolonialen Bauten und das Wetter ist nach den langen Tagen in den Hoehen mit 24 Grad so warm wie seit dem Dschungel nicht mehr. Es gibt viele Backpacker und das sollte meinen Geburtstag morgen und auch das Weihnachtswochenende ein wenig angenehmer gestalten. Martin bin ich auch noch nicht begegnet. Alles wird also langsam wieder okay... :)



In Sichtweite von Arequipa befindet sich der aktive Vulkan El Misti (5.800 Meter hoch). Und etwa zweihundert Kilometer nordwestlich der Canon del Colca, der zweittiefste Canon der Welt (3200 Meter tief und damit DOPPELT so tief wie der Grand Canyon in den USA). Diesen Canyon will ich ab Dienstag auf einer Tour besuchen und dann zum Weihnachtswochenende nach Arequipa zurueck fahren.




Auch wenn mein Koerper weiterhin deutlich sagt, dass ich noch nicht hundert Prozent ueber den Berg bin fuehle ich mich viel besser, vor allem mein Kopf. Erst im Nachhinein merke ich, dass ich Glueck gehabt habe, andere Formen der Malaria verlaufen viel schlimmer und dauern laenger an. Insofern wendet sich wohl alles zum Guten. Nachher geht es mit ein paar anderen Backpackern etwas Gutes essen, so dass der Abend vor meinem Geburtstag ganz nett wird. Das einzige Manko: noch EINE WOCHE keinen Tropfen Alkohol, da die zwei Medikamente wohl Hammer sind. Aber da es mir besser geht, kann ich auch damit leben. Nuetzt ja nichts. ;-)



Euch allen daheim eine schoene letzte Vor-Weihnachtswoche. Und ich hoffe, die Fotos koennen einen Ueberblick ueber das Erlebte geben...





Hasta luego!

Die korrekte Musik

Um die Wartezeit auf den naechsten Post zu verkuerzen: wenn es einen Song gibt, der zur Athmosphaere in Arequipa passt, ist es CALEXICO mit HOUSE OF VALPARAISO

http://www.youtube.com/watch?v=XhjhbzXBMM0

Donnerstag, 8. Dezember 2011

La Paz und im Regenwald (Bolivien)


















































Hola.

Es gibt sehr viel zu erzaehlen. Spinnenbiss, merkwuerdige Fluege, Bettwanzen, Affen im Dschungel... aber der Reihe nach.

Am vorletzten Montag kam ich in La Paz an, Boliviens Hauptstadt. Der erste Anblick der Stadt war atemberaubend, durch die Lage in einem Talkessel auf 3600 Metern Hoehe scheinen die Strassen und Haueser die Berge hinabzufliessen. Die Luft hier wirkt noch duenner als in Uyuni, die Abgase und die dreckige Luft der 1,5 mio Einwohner machen das Atmen in dieser Hoehe zusaetzlich schwer. In der Woche besuchte ich die Kirche "San Francisco", hatte eine lustige Nacht in einem englischen Pub mit live Musik, liess meine Waesche zum ersten Mal seit drei Wochen waschen und erstieg einige der Huegel rundherum, um die Szenerie von oben zu sehen.

Am Freitag nachmittag fuhr ich dann mit einem Taxi zum Militaerflughafen in El Alto. Und dort stand eine kleine Maschine mit zwei Propellern, die mich und ein paar andere Leute nach Rurrenabaque im tropischen Norden des Landes fliegen sollte. Beim Besteigen des Flugzeugs fiel auf, dass es eine ausgediente Militaermaschine war. So sassen einige rueckwaerts, da es teilweise Vierersitze (wie in unseren Linienbussen) gab. Ausserdem gab es ueber den Sitzen Haken zum Einklemmen von Fallschirmen. Die "Stewardess" ging nur einmal durch den Gang und suchte etwas unter den Sitzen, ich weiss nicht was. Und dabei hoerte sie Musik ueber ihren mp3-player. Der Flug dauerte 55 Minuten, war ueber den Anden sehr turbulent. Aber ueber dem Amazonasbecken aufregend, so sah ich dort den Regenwald und den ihn von nord nach sued durchfliessenden Rio Beni von oben. Dschungel. Das sollte also mein Abenteuer werden. Wir landeten auf einer Graspiste und spaetestens von nun an war die Zivilisation beendet.

In Rurre, wie es seine Bewohner nennen, angekommen, boten sich mir zwei Optionen: entweder ich buche eine touristische Tour in die Pampas, wie es 95% aller Backpacker machen, die sich hier her verirren. Oder ich tue etwas aufregendes und gehe in den richtigen, tiefen Dschungel. Da ich nicht auf ausgetretenen Pfaden laufen wollte, entschied ich mich fuer den Dschungel. Das war allerdings komplizierter als erwartet. Touranbieter machen keine Touren fuer Backpacker mehr, es gibt nur sehr teure, sog. "Eco-Lodges", also Hotels im Regenwald. Die kosten zum einen ein Vermoegen, zum anderen ist dies nicht unbedingt meine Vorstellung von Dschungel-Abenteuer. In einer Lodge wie in einer Art Spa hocken und alles serviert bekommen. Nein, ich wollte was richtiges erleben.

Am Abend traf ich dann Adrian und Jessica aus Australien und Patty aus Holland, die auf der gleichen Suche waren. Dank Pattys gutem Spanisch konnten wir schliesslich herum fragen und fanden Juan, einen Einheimischen, der fuer wenig Geld Interessierte fuer drei Tage tief in den Dschungel begleitet. Nachdem wir ein Papier unterschrieben, dass wir ausdruecklich freiwillig in das Gebiet des Parque Nacinal Madidi eindringen und dass wir nichts zuruecklassen wuerden, also weder Muell noch sonst irgend welche Spuren, bezahlten wir und freuten uns drauf. Am Abend tranken wir darauf ein paar Biere in der "Moskito Bar".

Samstag frueh um 8 Uhr bestiegen wir ein Kanu mit Motor und Juan sowie zwei weitere Maenner aus dem Dorf fuhren mit uns den Rio Beni hinauf nach Norden. Auf dem Weg kamen wir an hohen, gruenen Bergen vorbei, Papageien flogen ueber den Fluss. Es war wie in einem Indiana Jones Film. Oder, ganz einfach gesagt, der Urwald sieht so aus, wie man sich ihn vorstellt. Die Geraeuschkulisse sollte uns von nun an drei Tage begleiten: schwirrende Moskitos ueberall, Grillen zirpten den ganzen Tag und die ganze Nacht, Voegel kreischen, es raschelt in den Waeldern. Aufregend.

Nach drei Stunden erreichten wir unseren Zielort mitten im Madidi Nationalpark. Dort wanderten wir ueber Baeume, die als Bruecken dienten und piranha-belebte Fluesse in unser Camp. Es gab ein paar Holzhuetten mit Moskitonetzen sowie viele Baeume mit Haengematten, das war alles. Kein Strom, Wasser aus einer Regenwassersammelstelle. Willkommen im Urwald.

Am ersten Nachmittag wanderten wir dann mitten hinein in den Regenwald. Mit seiner Machete schlug uns Juan immer neue Wege durch den tiefen Busch. Komischerweise gab es hier viel weniger Insekten und dankenswerter Weise auch Moskitos als am Wasser. Abends assen wir Fisch, den die Maenner nachmittags gefangen hatten. Und dann gingen wir gegen neun Uhr abends nochmals mitten in den Dschungel. Der Unterschied zwischen Tag und Nacht war unglaublich gross, es wirkte unheimlich, wir sahen Spinnen, eine Riesenschildkroete und Affen sprangen ueber uns durch die Baeume.

Am Sonntag wanderten wir abermals durch den Wald, kletterten u.a. ueber zehn Zentimeter schmale Stege, um nicht in von Alligatoren bewohnte Baeche zu fallen und nutzten einige der Lianen, um zu schaukeln. Mitten am Nachmittag begann es fuerchterlich zu regnen, Regenwald heisst nicht umsonst Regenwald. Die Abkuehlung tat aber ganz gut, bei einer Luftfeuchtigkeit von ueber 85 Prozent ist jeder Schritt harte Arbeit, jedenfalls fuer uns vier Backpacker. Juan schien alles nichts auszumachen, er wuchs im Regenwald auf.

Gegen Abend gingen wir an den Rio Beni zurueck und versuchten, Piranhas zu angeln. Leider hatten wir wenig Erfolg, aber der Sonnenuntergang und die ploetzlich ueber uns hinwegfliegenden roten Aaras entschaedigten dafuer. Abends brieten wir das in Rurre gekaufte Huehnerfleisch ueber dem Lagerfeuer und schliefen zur Akkustuik des Dschungels draussen in den Haengematten, mit Moskitonetz versteht sich.

Der Montag sollte eigentlich ganz entspannt werden, Juan zeigte uns vormittags, wie man aus den Materialien im Wald, Holz und Fruechten sowie Blaettern Werkzeug und Schmuck herstellen kann. Aber auf dieser Reise scheine ich das Pech "an den Fuessen kleben" zu haben. Ich hatte meine Schuhe unter einer Bank, sicher vor dem wieder zurueck gekehrtem Regen, abgestellt. Als ich den linken Schuh anziehe, bewegt sich etwas an meine Fuss, und dann beisst es zu. Als ich den Schuh umdrehe faellt eine Spinne heraus, schwarz, etwa so gross wie ein 2 Euro Stueck. Bevor ich reagieren konnte war sie aber schon im tiefen Gras neben der Bank verschwunden. Ich war erst so geschockt, dass ich gar nicht reagierte. Dann aber fing es an zu brennen und weh zu tun, es blutete ein wenig und ich geriet leicht in Panik. Es gibt hier so viele verschiedene Arten von Krankheiten, die durch Tierkratzer- oder Bisse aller Art uebertragen werden, dass selbst die Leute im Tropeninstitut in Hamburg zu mir sagten, "im Dschungel helfen Impfungen sowieso nur in Massen, die Erreger werden inzwischen zu schnell immun". Und nun sass ich da mit einem Spinnenbiss am Fuss.

Ich bat Patty hektisch, Juan zu erklaeren was passiert sei, mein Spanisch ging durch die Panik komplett floeten. Er reagierte gelassen und sagte als aller erstes folgende Worte: "alles okay, amigo, du wirst nicht sterben." Dann aber sah er sich den Fuss doch ein wenig besorgter an, ging dann mit einem Messer fuer ein paar Minuten in den Wald und kam mit Aesten wieder. Er schnitt sie auf, und rieb den Saft ueber die Wunde. Es brannte furchtbar, dann aber kuehlte es tatsaechlich. Alle zehn Minuten kam er danach zurueck und fragte, ob es schlimmer wuerde. Aber es blieb immer gleich, das Brennen liess nach aber im Fuss tat es gleichmaessig weh.

Nachmittags fuhren wir durch den Regen zurueck nach Rurre, wieder im Kanu. In Rurre angekommen ging Juan sofort mit mir zu einem Arzt, der sich den Fuss auch noch einmal ansah. Leider habe ich wie schon gesagt nicht gesehen, was fuer eine Art Spinne es war, insofern hatte ich grosse Sorgen. Aber beide Maenner sagten mir, dass sie nicht giftig gewesen sein wird und auch sonst wohl keine Krankheit zu befuerchten sei. Als ich mit ihnen aus dem Haus kam warteten meine Mitreisenden draussen im stroemenden Regen auf mich. "What are you doing here, go into a dry hostel and take a shower..." sagte ich. "What the fuck? You got bit by a spider, come on man, we wanted to check if you re allright" kam es von Adrian zurueck. Die drei waren wirklich sehr besorgt, nun aber genau wie ich erleichtert dass es offenbar nicht ganz so schlimm wuerde.

Abends assen wir gemeinsam und trafen Keith aus Berlin, der die Pampa-Tour gemacht hatte. Wie erwartet war diese sehr touristisch und zwar auch toll, aber wenig aufregend gewesen. Nun, ueber mangelndes Abenteuer konnten wir vier uns nicht beschweren. Als ich am Dienstag aufwachte, klebte ein kleines Tier auf meinem Bein. Es hatte laengst zugebissen, das konnte doch nicht wahr sein. Aber als ich nachsah war es "nur" eine sogenannte Bed-Bug, in deutsch Bettwanze. Die Viecher sind mir noch aus Australien bekannt, in billigen Hotels beleben sie gerne die Betten und quaelen Leute wie mich. Na dankeschoen. Wenigstens hatte mich nur eine gebissen, was fast ein Wunder ist da sie normalerweise in Schaaren auftreten.

Dienstag ruhte ich mich in Rurre aus, ich bekam Probleme mit dem Bauch und auch sonst war ich ziemlich schlapp. Meine drei Mitreisenden fuhren weiter, ich verabschiedete sie am Bus. Nach dem, was wir zusammen gesehen hatten, fiel der Abschied sehr herzlich aus und wenigstens Jessica werde ich vielleicht zu Weihnachten in Peru wieder sehen, da sie wahrscheinlich zur gleichen Zeit in der gleichen Stadt sein wird. Das waere toll, alle drei waren super offene, entspannte und herzensgute Leute. Abends ass ich dann mit Keith zusammen.

Am Mittwoch flogen wir beiden zurueck nach La Paz, wieder in einer ausrangierten Militaermaschine. Menschen mit Flugangst: falls ihr mal einen Inlandsflug in Bolvien macht, waehlt lieber nicht die Gesellschaft "TAM". Kurz vor dem Start sahen Keith und ich links aus dem Fenster, und was passierte? Einer der Piloten kletterte eine Trittleider hoch und goss mehrmals Oel oben uber dem Propeller per Hand ein. Alles ein wenig urtuemlicher. Das Fliegen geschieht komplett manuell, so stoerte es auch niemanden, dass WAEHREND (!) des Starts ein Handy klingelte und der Angerufene ganz nonchalant antwortet "Hola? Si si, soy en aeroplano a La Paz..." Unglaublich, aber so passiert.

Nun bin ich also in La Paz und ruhe mich aus, fuehle mich noch nicht ganz fit und irgendwie merkwuerdig, was aber auch daran liegen mag, dass sich mein Koerper nun vom tropischen Regenwand wieder an trockene, 3.600 Meter hohe Hoehenluft gewoehnen muss. Einen groesseren Unterschied zum Atmen gibt es kaum. Meinem Fuss geht es aber schon besser, tut kaum noch weh. Mein Kopf fragt sich jedoch immer noch, was so eine Spinne alles mit sich herum schleppt.

Am Samstag fahre ich dann, wenn alles gut mit mir ist, mit dem Bus die kurze Distanz nach Copacabana und von dort reise ich weiter auf die Isla del Sol, wo laut Legende die Inka-Kultur ihren Anfang nahm: mitten auf dem weltberuehmten TITICACA-SEE...

Weihnachten werde ich, wie es aussieht, in Peru, genauer gesagt in Arequipa verbringen. Aber vorher melde ich mich hier bestimmt noch mal wieder.

Wuensche euch allen eine gute Vorweihnachtszeit. Auch wenn ich mir kaum vorstellen kann, wie es ist durch den dunklen Dezember zu laufen. Alles hier ist so ANDERS als bei uns...